Wiederkehrende Klage

9. April 2014

Die Frankfurter Allgemeine öffnet ihre Seiten immer wieder Autorinnen und Autoren aus den Universitäten, die kurz und knapp aus dem Alltag ihrer Institution berichten. Unter den publizierten Artikeln finden sich zahlreiche Perlen – und zahlreiche Unsäglichkeiten, die vor allem von einem zeugen, der Unlust der Lehrenden an der Lehre.

Hannah Bethke lehrt Politologie an der Universität Greifswald und beklagt in der FAZ vom 26. März 2014 die mangelnde Rechtschreibkompetenz ihrer Studierenden.

Erneut also geht es um die mangelnde Kompetenz von Studierenden, die allem Anschein nach ohne ausreichende Qualifikation von der Schule auf die Hochschule losgelassen werden. In diesem (Bethke-) Fall ist es mal wieder die Rechtschreibschwäche der Studierenden: das Unwissen, wann ein i und wann ein ie steht, die holprige Kommasetzung, der falsche Konjunktiv, die Unsicherheit, wie Fremd- und Fachworte geschrieben werden, kreative Groß- und Klein-, Zusammen- und Getrenntschreibung, korrupte Sätze, die keinen Sinn ergeben. Es ist natürlich alles dabei, was das Herz begehrt. 

Ob denn an den Schulen denn keine Diktate mehr geschrieben würden? (In der Oberstufe wohl nicht.) Und wieso man mit solchen Mängeln das Abitur bekommt, wenns eigentlich nicht einmal für den Hauptschulabschluss reiche.

Ursachen benennt Frau Bethke eine ganze Reihe: Die Rechtschreibreform ist natürlich dabei, die Nivellierung der Schulen und Hochschulen, die Scheu, die Lernenden zu korrigieren und anzuleiten, auch die fehlende Lektüre von  Büchern. Das zu erwartende Resultat? Kein Untergang des Abendlandes, sondern die Verdummung der Gesellschaft.

Nun ist dazu vielerlei zu sagen, darunter eben auch, dass Frau Prof. Bethke wahrscheinlich recht hat, aber das eben kein Unterschied zu früher ist. Zum einen gab es die Diskussionen über die kreative Rechtschreibung bereits in den 1970ern (der Verfasser dieser Zeilen weiß, wovon er schreibt), zum anderen hat auch die Klage um den Niveauverlust bereits eine längere Tradition. Bis weit in die 1990er Jahre (so zumindest die oft trügerische Erinnerung) war der Fackelträger dieser Tradition ein Essener Literaturwissenschaftler namens Horst Albert Glaser, der als Plattform dafür die ehrwürdige „Zeit“ nutzen durfte. Mit ein wenig Mühe würden sich sicher auch für ihn noch Vorgänger finden.

Nun ist gegen Anleitung, ja sogar gegen Frontalunterricht, in denen ja das Heil zu finden ist, wenig zu sagen. Das können probate Mittel sein. Und vielleicht besteht das Problem darin, dass nunmal eher diejenigen Professoren werden, die nun gerade mit Rechtschreibung keine Probleme hatten, während sie eben nicht zuletzt auf Studierende treffen, die niemals auch nur ansatzweise zu Professoren werden. Vielleicht reichts auch zum tauglichen Sachbearbeiter oder einem anderen Beruf, der einen nährt und in dem es nicht so viel zu schreiben gibt.

Bleibt nur zu fragen, weshalb die Klage? Und warum veröffentlicht die FAZ so etwas?