Neue Literatur und Durchsetzung der Moderne

Im Deutschen Reich wie in Österreich hatte sich nach dem Krieg und durch den Krieg mehr geändert als nur die Regierungsform. Auch wenn mit der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 und mit dem österreichischen Bundesverfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920 einschneidende Änderungen in der Konstitution der beiden deutschen Staaten vorgenommen wurden, die Monarchie abgeschafft und die Demokratie samt Frauenwahlrecht, 40-Stunden-Woche und Sozialpartnerschaft eingeführt wurde – der Bruch, den das Kriegsende darstellte, ging viel tiefer: Die deutschen Gesellschaften kamen in der Moderne an und sie zeigten neben einer enthusiastischen Aufbruchstimmung auch Symptome tiefer Desorientierung und Hilflosigkeit. 

Zwar war, wie der Literaturwissenschaftler Bernhard Weyergraf konstatierte, in der Weimarer Republik „vielleicht nichts wirklich neu“, aber trotzdem war „alles anders“. Und in der Tat kann man mit Recht darauf verweisen, dass sich Gesellschaft und Kultur in den 1920er-Jahren rasant veränderten, die Bedingungen dafür waren aber bereits in den Jahren davor gelegt worden. Industrialisierung, Konsumgesellschaft und Massenkultur setzten sich jetzt durch. Die Urbanisierung, die in den beiden für den deutschsprachigen Raum bedeutendsten Metropolen Berlin und Wien um 1900 ihren quantitativen Höhepunkt erreichte, führte zu umfassenden qualitativen Veränderungen im Zusammenleben und im Selbstverständnis der Stadtbewohner. 

Walter Delabar: Klassische Moderne. Deutschsprachige Literatur 1918-1933. Berlin: Akademie 2009. 225 Seiten. 19,95 Euro

Aus dem Inhalt:
1     Ankunft in der Moderne (Gesellschaft im Umbruch, Die Durchsetzung der Massengesellschaft, Die Krisenjahre der Klassischen Moderne)

2    Die Modernisierung des Literaturbetriebs (Erfolgsbücher 1929 – Zwei Fallberichte, Der Umbau des Literaturbetriebs, Demokratisierung des Buches)

3    Der Große Krieg als Signum der Epoche (    Mann gegen Mann: Heroisierung des Krieges, Die neuen Barbaren: Materialschlacht und Erfahrungsverlust,     Krieg als Identitätsstiftung)

4    Dada: Kunst als Provokation (Der offene Horizont der Avantgarden, Revolte des Unsinns gegen den Sinn , Ende und Weiterwirken des Dadaismus)

5    Die Ästhetik der Klassischen Moderne (Ästhetik zwischen Innovation und Kontinuität, Alfred Döblins Poetik des modernen Romans,     Ästhetik der kleinen Form)

6    Neue Lyrik für eine neue Zeit (Neuentwurf der Lyrik? ,     Die Neue Sachlichkeit, Kritik und Kampf)

7     Theater als kulturelles Leitmedium (    Brechts Erfolgsstück: Die Dreigroschenoper, Gegenwartskritik bei Carl Zuckmayer,     Die Technisierung der Bühne: Erwin Piscator, Brechts Entwurf des epischen Theaters)

8    Literatur im Klassenkampf (    Die Gezeitenwende in der politischen Linken, Die Masse erzählen (Franz Jung), Die Kämpfer der Revolution (Anna Seghers). Literatur im Auftrag der Partei)

9    Reisen und Reisereportagen (Reisen und Reiseberichte,     Das Experiment Sowjetunion, Vorbild Amerika?)

10    Die Frau von heute – Autorinnen (Frauen im Literaturbetrieb,     Die Emanzipation der Autorinnen, Literarische Konzepte der neuen Frau)

11    Lebenswelt Großstadt (Kulturschock Großstadt, Ereignis Metropole, Unfall, Geschwindigkeit und Ordnung)

12    Provinz als Gegenmodell (Gründungsmythos als Gegenentwurf, „Aufstand der Landschaft gegen die Stadt“, Modernekompensation und Agrarromantik,     Agrarmoderne)

13    Der Einzelne und die Gesellschaft (    Lob des mittleren Helden (Thomas Mann), Die Zurichtung des Einzelnen (Alfred Döblin),     Intermezzo: Moderne und Mythos, Die ausgelieferte Existenz (Franz Kafka))

14    Die Autoren, die Republik und ihr Ende (    Die Autoren und die Republik, Die Niederlage als Prüfstein (Wilhelm Schäfer und Hugo von Hofmannsthal),     Der Vernunftrepublikaner Thomas Mann), Das Ende der Republik)

15     Serviceteil (Allgemeine Hilfsmittel,     Werkausgaben, Periodika und Institutionen zu einzelnen Autoren)


Rezension: Roland G. Wiegenstein: Lesenswerte Einführung, in: Die Berliner Literaturkritik vom 5.2.2010

„Es ist kurz und bündig, enthält einen brauchbaren Apparat (bis hin zu den unvermeidlichen „Links“) und macht mit den wichtigsten Strömungen in der Literatur dieser kurzen Epoche bekannt. Delabar bindet sie an die gesellschaftlichen Entwicklungen (und Verwerfungen) der Zeit an, behandelt die von ihm ausgewählten Protagonisten mit gebotener Präzision und Kenntnis“
„Delabar setzt weit verbreitete Vorurteile außer Kraft, scheut keine qualitative Einschätzung und wer die knapp über 200 Seiten studiert hat, der kann getrost beginnen, die Texte selbst zu lesen. Falls er sie schon kennt, wird er womöglich auf für ihn Neues hingewiesen und darauf, was man fürs Studium beachten sollte. Delabar hat ein nützliches Buch geschrieben.“ 
http://www.berlinerliteraturkritik.de/detailseite/artikel/lesenswerte-einfuehrung.html


Pragmatische Einführung in die literaturwissenschaftlichen Arbeitstechniken

Im Rahmen der neuen Studienstrukturen erhalten Einführungen eine neue Position, helfen sie doch, Qualifikationen zu standardisieren und zu vermitteln. Dabei müssen auch außerfachliche und pragmatische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Die Einführung in die literaturwissenschaftlichen Arbeitstechniken ist deshalb als Anleitung zur Ausbildung von Literaturwissenschaftlern angelegt.   Der Band unternimmt die praxisnahe und systematische Vermittlung von Schreib-, Recherche- und Forschungskompetenzen. Er gibt Handreichungen zur Arbeitsorganisation (Lektüre, Ablage, Planung etc.) und Hinweise zur Anpassung der Systematik der Recherche an konkrete Fälle. Praxisbeispiele aus allen Bereichen der literaturwissenschaftlichen Germanistik geben einen breiten Zugang. Hinweise zur Form der Arbeit und zu den fachspezifischen Zitierstandards ergänzen den Band und machen ihn auch als Nachschlagwerk nutzbar. Verfahren, Regularien und Maßnahmen werden begründet, das Ausbildungsniveau der Studierenden – gerade auch in den neuen BA- und MA-Studiengängen – wird berücksichtigt, zugleich werden sie als künftige Wissenschaftler ernst genommen. Grundsätzlich steht die Nutzbarkeit im Vordergrund, ohne dass die Reflexion vernachlässigt würde. 
Literaturwissenschaftliche Arbeitstechniken. Eine Einführung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2009.

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1. Monographien

Letzte Monografien:

Klassische Moderne. Deutschsprachige Literatur 1918-33. Berlin: Akademie Verlag 2010.

Literaturwissenschaftliche Arbeitstechniken. Eine Einführung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2009.

Weitere Monografien siehe pdf.

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Sammelbände

Letzte Sammelbände:

Transgression und Intermedialität. Die Texte von Kurt Schwitters. Hrsg. von Walter Delabar, Ursula Kocher und Isabel Schulz. Bielefeld 2016 (= Moderne-Studien 20). 

Weibisch, frankophil und (nicht nur) von Männern gemacht. Denkbilder, Schmuck- und Fundstücke, Randständiges, Hauptsächliches, Amüsantes und Bedenkliches aus der Geschichte des Feuilletons im frühen 20. Jahrhundert. Hrsg. zusammen mit Werner Jung. Bielefeld 2016. ( auch: JUNI. Magazin für Literstur und Kultur H. 51-52).

Das riskante Projekt. Die Moderne und ihre Bewältigung. Band II. Hrsg. von Simon Huber, Behrang Samsami, Ines Schubert und Walter Delabar. Bielefeld 2015 (= Moderne-Studien 19).

Improvisationen in mehr als zwei Bildern. Dargebracht von (in order of appearance) Bertolt Brecht, Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Valeska Gert, Annemarie Hase, Max Schreck, Kurt Horwitz, Hugo Welle, Joachim Ringelnatz, Ludwig Hardt, Klabund, Ruth Landshoff-Yorck, Erich Mühsam, Joseph Roth, Emil Szittya, Marcel Proust, Max Eyth, Wolf von Niebelschütz, Wilhelm Speyer, Hermann Kesten und Klaus Mann. Herausgegeben von Gregor Ackermann und Walter Delabar. Bielefeld 2015 ( auch: JUNI. Magazin für Literstur und Kultur H. 49-50).

Weiteres siehe pdf.

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