Aetherische Stimmen

Das neue JUNI Magazin ist erschienen

Der Rundfunk hat Geburtstag, schon gehabt 2023: Da wurde er nämlich 100 Jahre alt. Was insofern an vieles erinnern sollte, unter anderem daran nämlich, wie stark zivile Errungenschaften von militärischen Interessen und Aufgaben abhängen und vielleicht auch bestimmt sind. Oder auch daran, dass Neue Medien schnell zu Alten werden. Der Rundfunk ist wie das Internet und einiges anderes mehr in einem militärischen Kontext entwickelt worden, hat freilich – anders als das Internet – seine Bewährungsprobe gleich in einem Großen Krieg absolviert, um dann nach dem Krieg zum neuen heißen Ding zu werden. Ein unerhört neues Medium, das es erlaubte, von einem Ort aus an allen Orten präsent zu sein, von einem auf den anderen Moment, wenigstens akustisch.

Wie schnell der Sprung von dort aus zur visuellen Ubiquität getan werden konnte, zeigt schon eine Aufnahme aus einem Fotoband, an dem Ernst Jünger beteiligt war, und in dem die Dynamik der Moderne sinnfällig werden würde. Kaum gab es den Rundfunk, kündigte sich das Fernsehen schon an. Allerdings ist es erstaunlich, dass es dann doch bis in die Nachkriegszeit dauerte, bis es sich flächendeckend durchsetzte, um dann heute seinerseits vor dem Verlust seiner Vorrangstellung zu stehen. So kann es gehen.

Inhalt:

Zum Schwerpunkt: Ätherische Stimmen und mehr S. 7 / Winfried B. Lerg: Frank Warschauer und die Anfänge der Rundfunkkritik  S. 11 / Gregor Ackermann, Hans-Joachim Heerde und Karl Prümm:
Frank Warschauer, Medienkritiker. Eine bibliografische Notiz Teil 1 der Bibliografie (Beiträge bis 1928) S. 23 / Frank Warschauer: Nibelungen-Film und anderes. Texte S. 65 / Sabine Schiller-Lerg: Zu laut am Mikrofon?! Frank Warschauer kritisiert Walter Benjamin  S. 85 / Johanna Walcher: Festspiel im Radio. Radio-Übertragungen der Salzburger Festspiele in den 1920er und 1930er Jahren. Eine Sondierung zu Rezeption und Medien-Verbindungen S. 91 / Walter Delabar: Lachende Lautsprecher.
Erkundungen in Sachen des Rundfunkautors Erwin F. B. Albrecht samt Bibliografie seiner Rundfuksendeunden zwischen 1933 udn 1939 und kleinen Textfunden  S. 115 / Gregor Ackermann und Dirk Heißerer: Rudolf Schlichter illustriert, Rudolf-Schlichter-Bibliographie Nachtrag 3 und Anhänge  S. 151/ Erich Mühsam: Franz Biberkopf und der Rundfunk und andere Texte samt redktkionellem Kommentar  S. 201 / Karl Prümm: Machtvolle Klangmaschine mit Amplitudenbegrenzung  S. 213 /

Aus dem Magazin: Walter Fähnders: Von „Groß Gespenst“ zu „Zwerggespenst“.
Gespenster in Expressionismus und Avantgarde. Eine Motivsammlung  S. 227 / Helga W. Schwarz: Nicht nur Karls Ehefrau. Luise Kautsky (1864-1944)  S. 244 / Frauke Schlieckau: Was nützt die Liebe in Gedanken? Überlegungen am Beispiel der Steglitzer Schülertragödie 1927 S. 252 / Dirk Heißerer: Nietzsches Sonnenschirm. Aachener Anthologie  S. 262 / Dirk Heißerer: Nietzsches Regenschirm S. 263 / Momme Brodersen: J. Neumann. Zur vergessenen Geschichte eines großen Tabakunternehmens  S. 267

Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise: Rudolf Braune: Das Mädchen an der Orga privat / Mona Horncastles Biografie Josephine Bakers, Bakers Memoiren und eine Ausstellung in der Bonner Kunsthalle / Zur Neuausgabe des Amerika-Romans Maria Leitners Hotel Amerika bei Reclam / Steffen Kopetzkys Roman zum Leben Larissa Reissners / Caitlin Rosenthal über moderne Managementmethoden in Sklavenhalterplantagen in Westindien und in den Südstaaten der USA/ Colin Rossʼ beinahe perfekter Krimi Zu hoch gepokert / Colette Andris: Eine Frau, die trinkt / Maria Lazar: Die Eingeborenen von Maria Blut            S. 296 Autorinnen und Autoren    S. 319

Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag: https://www.aisthesis.de/Programm/Periodica/JUNI-Magazin-fuer-Literatur-und-Kultur


Die Aufgabe der Rhetorik

Formeln des Entsetzens? Kann man über Rhetorik reden, wenn Krieg geführt wird?

Der Angriff der Hamas vom 7. Oktober hat den Diskussionen um die Lösung der Palästinafrage eine starke Schlagseite gegeben. Mit der Konsequenz, dass Distanzierungsformeln mindestens nahe liegen. Der Essay, der auf der Seite literaturkritik.de erschien, versucht einen distanzierten Blick, nicht auf die Ereignisse, sondern auf die rhetorischen Distanzierungsformeln und deren Konsequenzen. Die Reaktionen zeigen nicht zuletzt, dass es anscheinend sehr schwer ist, eine distanziertere Haltung überhaupt zuzulassen.

Formeln des Entsetzens. Über einige rhetorische Phänomene in den publizistischen Stellungnahmen zum Nahostkonflikt, zu finden unter: https://literaturkritik.de/formeln-des-entsetzens-nahostkonflikt,31091.html


Heinrich Böll zum 40. Todestag

Werner Jung und Joche Schubert mit einem Sammelband zu Bölls Perspektiven: »Irgendwas mit Büchern«. Heinrich Bölls Perspektiven. Hrsg. von Werner Jung und Jochen Schubert. Soeben erschienen bei Aisthesis, Bielefeld. Was naheliegend auch deshalb hier angezeigt wird, weil der Band drei Beiträge aus meiner Hand zu Bölls Arbeiten enthält, zu den Satiren, zu den Schriften und Reden und zum frühen Roman „Wo warst du, Adam?“

Zu erhalten bei: https://www.aisthesis.de/Irgendwas-mit-Buechern


Wie das so alles war

Neues Handbuch zur Literatur und Kultur der Weimarer Republik erschienen.

Mit einem Überblick zur einschlägigen literaturwissenschaftlichen Forschung in Deutschland aus eigener Hand: Walter Delabar: Weimarer Republik. Forschungsgeschichte und Rezeption: Deutschland. In: Handbuch der Weimarer Republik. Literatur und Kultur. Hrsg. von Maren Lickhardt und Robert Krause. Berlin 2024, S. 479-486.

Viele Wünsche wird das Handbuch erfüllen, ein paar nicht, aber hinterher ist man immer schlauer. Aus heutiger Sicht fehlt ein Beitrag zu den Fotobüchern, der den Aufsatz zur Reiseliteratur ergänzen würde. Aber immerhin gibts im Beitrag zur Fotografie einen Hinweis auf literarische Fotobücher. Weitere Hinweise finden sich hier: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-476-05951-2


Im Alten Reich?

Ricarda Huchs Einleitung zum Deutschland-Foto Buch Martin Hürlimanns

Ricarda Huch gehört zu den exponiertesten Autorinnen der Weimarer Republik, emanzipiert, erfolgreich und das in einem Genre, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch fast ausschließlich durch männliche Autoren besetzt war. Zugleich folgte sie literarisch traditionellen und konservativen Mustern. So auch in ihrem Vorwort zu Martin Hürlimanns Deutschland-Fotobuch. Eine Rückkehr ins Alte Reich? Das erhielt im Laufe der 1930er Jahre eine verfängliche Note, aber dem hat sich Huch halbwegs erfolgreich widersetzt. Die Einleitung zum Fotobuch steht in einem auffallenden Spannungsverhältnis zum modernen Fotoprogramm, mit dem sich Hürlimann vom Vorgängerprojekt Kurt Hielschers abzusetzen versuchte. Man hat halt seine Autor/innen nicht immer im Griff. Der Aufsatz zum Thema ist nun erschienen in einem Sammelband über Ricarda Huch als moderne Essayistin.

Walter Delabar: Im alten Reich? Ricarda Huchs Einleitung zum Deutschland-Fotobuch Martin Hürlimanns. In: Ricarda Huch als moderne Essayistin. Hrsg. von Dorit Krusche und Kerstin Wiedemann. Berlin: Frank&Timme 2024, S. 87-116.