Normaler Rassismus? Oder alles abräumen?

7. August 2015

Lalon Sander bemängelt in einem Kommentar der Berliner „tageszeitung“, dass der Thienemann Verlag zwar Michael Endes „Jim Knopf“ zwar auf neue Rechtschreibung umgestellt habe, aber nicht auf das neue Niveau nicht-rassistischer Terminologie. Nun ist es zweifellos so, dass Begriffe wie „Neger“ oder schlechte Scherze über Chinesen heute nicht mehr als angemessen betrachtet werden – zurecht. Und es bleibt auch immer zu fragen, ob man einen historischen Text – das Buch erschien erstmalig vor 55 Jahren – seinen Kindern heute zumuten will, wenn er sich strukturell, sachlich und sprachlich nicht auf unserem Niveau bewegt. Aber allein diese Forderung ist zweischneidig.

Unabhängig davon argumentiert Lalon Sander ein wenig kurzatmig. Auch wenn Ende zugestanden werde, er habe das Buch gegen den kaum vergangenen Faschismus gerichtet (immerhin 15 Jahre nach dessen Ende), moniert Sanderzugleich, dass er für ein weißes Publikum auf der Basis von dessen Denkmustern geschrieben habe. Dazu rechnet Sander zum Beispiel, dass die Identifizierung von schwarz und dreckig ein tief sitzendes rassistisches Motiv ist. Sander übersieht dabei jedoch, dass der schmutzige Lukas damit gerade die Diffamierung des Schwarzen unterläuft. Jims Bemerkung, Waschen erübrige sich, weil man den Dreck auf der schwrazen Haut ja nicht sehe, bedient rassistisches Denken auch nur vordergründig, sondern gehört zu den changierenden Momenten des kleinen Buches, in dem Toleranz vor allem dadurch hergestellt wird, dass Unterschiede ausgehalten werden. In diesem Kontext darf auch ein dunkelhäutiges Kind seinen anarchischen Wünschen folgen, ohne minderwertig zu werden.  Das Argument schlägt nämlich – wie die Langhaarigen der 1970er wissen – gern schon mal zur falschen Seite aus: Die Matte ist ja ok, solange sie sauber und gekämmt ist? Auch das Gegenteil muss man aushalten können.