5. Mai 2018
Vor einigen Tagen ist ein abgelehnter Asylbewerber aus Togo mit Hilfe eines massiven Polizeieinsatzes festgenommen worden, wohl um ihn demnächst abzuschieben. Zuvor hatte sich der Mann einer Festnahme entzogen, geschützt durch zahlreiche andere Asylbewerber, die die Polizeibeamten gezwungen hatten, den Mann wieder freizugeben. Darauf folgte nun der Polizeieinsatz, über den in der Presse intensiv berichtet wurde.
Berichtet wurde auch darüber, dass zahlreiche Politiker entsetzt darüber gewesen seien, dass das Gastrecht so mit Füßen getreten worden sei. Vorneweg der neue Innen- und Heimatminister Horst Seehofer.
Nun ist es keineswegs eine Bagatelle, wenn Vertreter der Exekutive daran gehindert werden, das Resultat eines Verfahrens durchzusetzen, von dem man annehmen darf, dass es rechtens und rechtsstaatlich durchgeführt worden ist. Worin sich ein solcher kollektiver Akt von sagen wir einem Duisburger Clan-Mob unterscheiden soll – was letztens durch die Prese getrieben wurde -, der beansprucht in bestimmten Vierteln Regulierungsgewalt ausüben zu dürfen, und das gegen die Staatsgewalt, ist eine Frage, die man stellen darf. Auch wenn die Berichte über solche Clan-Kriminalität sich merkwürdig mit den Berichten beißen, in denen über die Maßnahmen berichtet wird, mit denen man solchen Ansprüchen entgegentritt. Nehmen wir vorerst an, das passiert alles so, wie es mitgeteilt wird.
Wie verhält es sich mit diesem Mann aus Togo?
Aus einer legalistischen Sicht ist die Antwort klar. Der Mann bekommt kein Asyl, warum auch immer, er wird abgeschoben. Das ist jetzt durchgesetzt, und dann auch noch demonstrativ. Sollten wir es dabei nicht belassen? Oder müssen wir den Asylbewerbern beweisen, dass die bundesdeutschen Behörden sich nicht vorführen lassen? wenn es mal darum ginge.
Nun schauen wir auf seine – auch nur vermutete – Sicht: Togo ist, wenn man einem akutellen Wikipedia-Beitrag trauen darf, eine Diktatur, in dem Land werden Menschenrechte mit Füßen getreten, wirtschaftlich gesehen ist Togo ein Desaster, eine Agrarökonomie, die kaum ihre Leute ernährt. Es gibt mithin genügend wirtschaftliche, politische und sonstige Gründe, die dafür sprechen, dass eine Rückkehr nach Togo für den Mann in einem pesönlichen Desaster enden wird. Er hat also gute Gründe, sich mit Händen und Füßen gegen eine Abschiebung zu wehren. Das mag Grenzen haben, die jetzt ünberschritten wurden. Aber man möge sich hüten, an diesem Beispiel ein Exempel statuieren zu wollen. Das wäre ein politisches und humanitäres Desaster.
Und erst recht sollten sich Politiker hüten., sich in Empörung gegen solche Verstöße gegen das Gastrecht zu verrennen. Zumal Seehofer, der vor wenigen Tagen noch ein weitgehend vernünftiges Plädoyer für eine offene Heimatpolitik publiziert hat: Er diskreditiert einen solchen Text damit zu einer besseren Sonntagsrede. Damit kann politische Bedenken beruhigen, so oft, wie er dort von offener Gesellschaft schreibt.
Aber um die ist es ihm anscheinend nicht ernst genug, denn offensichtlich geht es ihm mit seiner Empörung über den Vorgang darum, den politischen Konkurrenten auf der heimattümelnden Rechten das Wasser abzugraben. Statt die Behörden, die Gerichte und die Polizei in aller Ruhe und meinetwegen Bestimmtheit ihre Arbeit machen zu lassen – was sehr viel sinnvoller wäre -, wirft er sich bei erstbester Gelegenheit in die ordnungspolitische Brust. Möglicherweise in der Hoffung, dass damit der AfD-Klamauk endlich ein Ende haben wird. Zu fürchten ist, dass das Gegenteil der Fall ist (die CSU hat bei der Wahl, wenn ich mich recht erinenre, besonders stark verloren, trotz der unsäglichen Obergrenzenpolemik). Als verlässliche und vertrauenswürdige Politik kann man das nicht bezeichnen.
So betrachtet ist der Gleichmut, der die Kanzlerin seit Jahren auszeichnet, das demonstrative Gegenteil, und man kann froh sein, dass sie immer noch nicht weg ist. Allein schon, weil man nicht wüsste, wer Politiker vom Schlage Seehofer sonst bremsen könnte. Also: Merkel darf nicht weg.