In Bildern erzählen, mit Texten festlegen

11. Oktober 2018

Die Problematik in der Bildererzählung ist, dass Bilder in großem Maße unbestimmt sind. Die in ihnen angereicherten kontextuellen Informationen reichen nicht immer aus, um erkennen zu lassen, was sie zeigen, wenn nicht erzählen sollen. Aus diesem Grund werden Bilder, und hier vor allem Fotografien, mit Beitexten versehen, die den Grad der Unbestimmtheit senken sollen. Mehr als das wird nicht zu erreichen sein, zumal Sprache selbst an ihrer mangelnden Bestimmtheit leidet. Dass das, was erkannt wird, nicht zuletzt vom Beobachter abhängt und dessen Vorwissen, lässt sich leichtherzig hinzusetzen.

Das Verhältnis zwischen Beitext und Bild lässt sich an einem Beispiel aus der einem der zahlreichen Asterix-Bände zeigen – was nicht zuletzt darauf verweist, dass die Autoren der Reihe, René Goscinny und  Albert Uderzo, ihre Bände mit einem hohen Reflexionsgrad anlegen. In diesem Fall, was das Verhältnis von Text zu Bild angeht.

In dem 1976 auf Deutsch unter dem Titel „Die große Überfahrt“ erschienenen Band findet sich folgende Seite, auf der sich, wie der kundige Leser weiß, Wikinger, die auf großer Amerikafahrt sind und die nach dem neuen Kontinent verschlagenen Asterix und Obelix einander vorstellen wollen. Wikinger und Gallier verstehen sich nicht, nur der Leser versteht beide, weil die Wikinger eigentlich nur eine Variante der Sprache der beiden Gallier sprechen. Für die ist sie aber fremd genug, sodass sie gerade noch verstehen, was wohl Thema der Kommunikariojsversuche ist: „Ich glaub, die wollen wissen, wer wir sind“, sagt Asterix, und Obelix schlägt vor, dass sie sich auf dieselbe Weise vorstellen können, wie bei den „römischen Söldnern“, soll heißen, wie bei den Indianern, auf die sie getroffen sind (und die noch nicht wissen, dass jemand sie so nennen könnte). Was dann folgt ist einigermaßen rätselhaft. Asterix und Obelix führen ein Tänzchen auf, in dem sie anscheinend verschiedene bedeutsame Haltungen einnehmen oder Bewegungen ausführen, die aber ihr Gegenüber nicht versteht. Er tippt sich dem Leser zugewandt heftig gegen die Stirn (was, wie wir als Asterix-Leser wissen, heißt: Sie spinnen, die wer immer sie auch sind). Aber damit ist auch schon gesagt was passieren muss. Die Bilder müssen erläutert werden. 

Denn einige Seiten zuvor haben die beiden Gallier dasselbe Tänzchen aufgeführt, diesmal bei den „römischen Söldnern“, allerdings dieses Mal ergänzt durch Sprechblasen, in denen erläutert wird, was sie darstellen wollen: Wir sind mutig, wir haben nur Angst, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt … bis hin zu Also … wir sind Gallier. Der Witz an der Seite ist, dass die Leser damit die Bilder verstehen können, der interne Betrachter, der Indianerhäuptling aber nicht, weshalb auch er sich, dem Leser zugewandt, heftig an die Stirn tippt. Der Kommentar von Obelix: „Er hat’s kapiert.“ Was definitiv nicht der Fall ist. Die bildliche Kommunikation ist, so die These, die hinter dieser Inszenierung steckt, nicht ausreichend. Daran ändert auch nichts die Wiederholung, die vorgibt, den Leser in die Position des internen Betrachters zu versetzen, aber genau dies – mit dem Vorwissen der bisherige Erzählung – tunlichst vermeidet. Alles weitere ist aus der Erzählung zu entnehmen.