7. August 2018
Da gibt es diesen Herrn Z., der als junger Mann Maoist, später Marxist gewesen sein soll, und wenn es richtig ist, was man liest, dann ist er heute ein nationalkonservativer Freidemokrat. Keine Ahnung, ob das stimmt, aber darauf kommt es nicht an. Die Schönheit etc.
Nun dieser Herr Z., der nicht nur eine bewegte politische Karriere absolviert hat, sondern auch noch ein erfolgreicher PR-Berater gewesen zu sein scheint (die FAZ schreibt in einem Kurzporträt, dass sein „Immobilienunternehmen“ ihn „wohlhabend“ gemacht habe), hat in der FAZ am 18. Mai einen Artikel darüber geschrieben, warum Intellektuelle den Kapitalismus nicht mögen. Das mag so ein, wenigstens gibt es eine Reihe von Intellektuellen, bei denen das der Fall ist (ich treff nur so wenige davon an den Unis), aber noch viel mehr Leute, die man wohl kaum als Intellektuelle bezeichnen kann. Oder wäre jemand bereit, den Mitgliedern des „Schwarzen Blocks“, der seit Jahren die eine oder andere antikapitalistische Demo ziert, nachzusagen, sie seien Intellektuelle. Aber auch darauf kommt es nicht an.
Nun kann man grundsätzlich Kritik an einem Wirtschaftsystem üben, das offensichtlich auf der unterschiedliche Verfügungsgewalt über Produktionsmittel und andere Ressourcen basiert. Man kann Kritik an einem Wirtschaftsystem üben, in dem singuläre Interessen mit recht scharfen Mitteln (Krieg, Diskriminierung z.B.) durchgesetzt werden. Man kann Kritik an einem System üben, das extreme Armut schafft (nicht nur nicht beseitigt), um Reichtum schaffen zu können. Man kann ein System kritisieren, das tatsächlich in bestimmter Hinsicht blind ist und blind sein will.
Das heißt nicht, dass man seine anderen Seiten nicht sehen muss, wie den Umstand, dass es möglichst viele Leute am Wohlstand beteiligt, selbst wenn es Ungleicheiten verschärft. Man kann sogar sagen, dass der Kapitalismus seine Leute besser behandelt, zumindest die in seinen Zentren, als der Sozialismus. Was einige Bemerkungen darüber provoziert, warum eigentlich der Sozialismus derart blutrünstig und asozial sein musste. Aber das lassen wir jetzt.
Man kann auch viel über Kapitalisten sagen oder schreiben (oder ihn malen). Früher haben wir ihn gern fett mit schwazem Anzug und Zigarre gezeichnet. Das passt mt solch hageren Erfolgsmenschen, wie Herr Z. augenscheinlich einer ist, nicht mehr zusammen. Aber das ist ja auch Vergangenheit. Der typische Protagonist des internationalen Finanzkapitalismus ist sowieso ein hedonistischer, selbstzebüglicher junger Kerl, der auch och in die Muckibude geht. Ein Klischee, ok, aber hübsch ist es.
Lassen wir also dahingestellt, ob es wirkich so viele Intellektuelle gibt, die den Kapitalismus nicht mögen. Aber was ist nun der Grund dafür, dass sie ihm so abhold sind? Alle seine Fehler, Macken ud Gefahren? Nein, denn folgt man dem Hauptargument von Herrn Z., der auch mal Historiker war, dann „vermag“ „der Intellektuelle“ „nicht zu verstehen, warum der ihm ‚geistig unterlegene‘ Unternehmer, der nicht einmal über ein abgeschlossenes Studium verfügt, am Ende wesentlich mehr Geld verdient, ein höheres Vermögen hat und in einem schöneren Haus wohnt.“ Das empfinde er als ungerecht, also müsse der Markt nicht richtig funktionieren, weil er nicht die belohnt, die es verdient haben. Und deshalb müssen Reiche mehr Steuern zahlen als Arme (und ich dachte eben noch, es ginge um eine antikapitalistische Revolution, jetzt gehts mal wieder um Steuern, eigentlich ja um die böse Steuerprogression, Sloterdijk wird das vielleicht interessant finden).
Im Kern also sind Intellektuelle (also Akademiker) Antikapitalisten, weil das System ihnen nicht das an Reichtum zur Verfügung stellt, was sie verdienen (den größeren Teil). Sie sind also bloß neidisch? Geschieht ihnen also recht (Z. nennt das ein „tragisches Paradox“), dass der Sozialismus die Intellektuellen noch schlechter behandelt, er rottet sie nämlich aus. Erst recht, wenn sie die „Opfer des Kommunismus“ ebenso verdrängt haben wie die „zivilisatorischen Leistungen des Kapitalismus“. 100 Millionen nennt Z. als Zahl, Opfer des Kapitalismus gibt es anscheinend aber nicht.
Das kann man im Ganzen als interessant bezeichnen, zumal von einem (angeblich) vormaligen Maoisten und Kommunisten, der ein erfolgreiches Buch über Hitler als Revolutionär geschrieben hat (womit er wohl recht hat).