29. Februar 2016
Die Frankfurter Allgemeine brachte am 20./21.2. einen Beitrag des Theologieprofessors Bernd Beuscher über die angebliche Leseschwäche von Studienanfängern. Der Beitrag wurde zur Debatte gestellt, die FAZ vom 27./28.2. brachte eine Auswahl der Beiträge auf der Debattenseite. Auffallend an der Auswahl: Bis auf eine Ausnahme bestätigten die Beiträge das Attest Beuschers. Nur ein Nürnberger Kollege (der in Sachen Leseschwäche zustimmte) gab Weiterbildungsbedarf bei den Lehrenden zu bedenken.
Statt dessen wird der Druck, der auf den Studierenden lastet, beklagt, die Jugend der Studierenden wird als Grund herangezogen. Ein Bielefelder Kollege moniert, dass die Qualität des Scheiterns nicht gewürdigt werde. Ein Hannoveraner Hochschullehrer macht mal wieder die Studienreform für den Mangel verantwortlich, ein anderer aus Bremerhaven eine fatale Fokussierung auf Noten. Eine Beiträgerin fragt danach, ob denn die ganzen Abiturienten auf die Hochschule gehörten. Ganz im Gegenteil, es gebe eben nicht so viele Begabte, wie gedacht, wie ein anderer Beiträger meint. Die Gymnasien kämen ihrem Bildungsauftrag nicht nach, notgedrungen, so zwei weitere Stimmen, eine Bestnotenflut verdecke nur die mangelnde Kompetenz der sog. Fachleute, die da herangezogen würden. Und überhaupt, so zum Schluss das Beste, wollten die jungen Leute heute Karriere machen, ohne eigenen Beitrag.
Nun wird man Abiturienten nicht nachsagen wollen, dass sie keins dieser Defizite haben, die ihnen Beuscher nachgesagt hat. Aber zum einen unterscheiden sie sich darin nicht durchgängig von ihren Vorgängern, und zum anderen lenkt ein solcher Generalvorwurf nur davon ab, dass sich Lehrende auf ihre Studierenden nicht einzustellen verstehen.
Wer einem durchschnittlichen Absolventen des Abiturjahrgangs 1976/77 attestieren wollte, dass er in all den angesprochenen Kompetenzen deutlich besser abgeschnitten habe als seine Nachfolger vierzig Jahre später, leidet wohl vor allem unter Vergesslichkeit. Dass sich die Generationen notgedrungen voneinander unterscheiden, bleibt davon unberührt.
So bleibt immer noch die Frage unbeantwortet, weshalb ein Hochschullehrer in die nie endende Klage über die mangelnden Kompetenzen von Studienanfängern einstimmt, aber keinen Gedanken daran verschwendet, dass die Kompetenzen, deren Fehlen er beklagt, ja gerade das Ausbildungsziel der Hochschulen sein sollten. Hinzu kommt, dass dieser Mangel einer ganzen Studentengeneration nachgesagt wird, ohne dass zwischen den verschiedenen Gruppen unter ihnen, die sich auch nach Zielen und Interessen bilden lassen, unterschieden wird. Hinzu kommt die Frage, was Hochschulen und Hochschullehrer tun müssen, um sich auf die zweifelsfrei neuen Bedingungen, unter denen auch ihre Studierenden arbeiten müssen, einzustellen. Das wäre vielleicht zielführender.