30. Januar 2020
Wiebke Hüster berichtet in der FAZ vom 30. Januar 2020 über Wölfe, die in der immer wieder aufkeimenden Stadt-Land-Debatte eine Rolle spielen: Naturschützende Städter wollen Wölfe, die Lasten haben die Landbewohner zu tun, die ja eben immer alles ausbaden müssen, was in der Stadt ausgeheckt wird. In diesem Fall fressen ihnen die Wölfe die Schafe oder auch die Jagdhunde weg. Die Frage, ob Wölfe in Deutschland einen Platz haben, ist anscheinend wichtig genug, eine ganze Seite in einer renommierten Tageszeiteung dafür zu reservieren.
Naheliegend, dass im Untertitel des Artikels mal wieder davon die Rede ist, dass die „Diskussion über das heimische Raubtier“ „das Land“ spalte (hier als Gesellschaft gemeint, oder als Minimalversion: da gibts Streit drum). Was zu der Frage führt, warum gleich jede strittige Frage wie ein Spaltblitz ins vormals so einige deutsche Vaterland fährt. Irgendetwas muss da gewaltig in Unordnung sein.
Weder das eine noch das andere noch das weitere sei hier diskutiert, aber ein Hinweis auf eine irreführende Formulierung gegeben, weil es sich wahrscheinlich beim Schreiben so schön angefühlt hat, aber trotzdem nicht stimmt: Die Natur rächt sich nicht. Dass jemand an einem Rehknochen erstickt, den er sich vielleicht zu hastig in den Rachen geschoben hat, ist unschön, aber keine „Rache“ der Natur. Natur „rächt“ sich auch nicht für Raubbau oder wahlweise Zivilisation.
Frau Hüster entnimmt die Geschichte vom grässlichen Tod des Rehfressers einem Roman der polnischen Autorn Olga Tokarczuk. Weiter im Text ist auch davon die Rede, dass sich Rehe dafür rächen, dass „ihre Art mit unethischen Methoden gejagt und getötet“ werde. Was die nächste Frage aufwirft, nämllich danach, was denn ethische Jagd- und Tötungsarten wären. Mal davon abgesehen davon, dass sich eine „Art“ nicht rächt.
Der Roman, den Hüster gelesen hat, mag eine hübsche Geschichte sein, aber eben nur eine Geschichte. Man soll sie auch das bleiben lassen, oder wenigstens die angemessenen Übertragungsleistungen abliefern, die bei der Lektüre und Anwendung von Geschichten notwendig sind. Also was ist mit den Rehen und den Jägern gemeint? Und worauf will sie hinaus? Was soll uns was lehren?
Amüsant immerhin das Bedauern Hüsters, dass die Romanheldin „lieber Rehe als Täter und Männer als Opfer“ sehe.