Podestschleimer – Ernst Jünger-Verehrung als Niedergang der Tagungsberichterstattung

25. April 2011

Dass Ernst Jünger zu den eher beachteten Autoren im FAZ Feuilleton gehört, ist kein Geheimnis. Und das Feuilleton darf ja eh machen was es will. Mit Ausnahme von Peinlichkeiten. Die aber kommen auch in renommierten Tageszeitungen vor, konservativ oder nicht.

Die jüngste Peinlichkeit: Ein Konferenzbericht von Martin Thoemmes (FAZ 21.4.2011) zu einer Ernst Jünger Tagung, die vom „Freundeskreis der Brüder Ernst und Friedrich Georg Jünger“ veranstaltet wurde. Nun muss man von Freundeskreisen nicht erwarten, dass sie allzu kritisch mit ihren Heroen umgehen. Aber die Tagung war hochrangig genug besetzt, um eine allzu schrankenlose Bewunderung zu vermeiden (allerdings, dass Kiesel Jünger zum Helden stilisiert haben soll, kann nur ein Scherz sein, das sollte sich der Kollege nicht nachsagen lassen). 

Nur, wer  nicht dabei war, muss sich auf den Bericht verlassen. Und der ist kein Ruhmesblatt in der Tagungsberichterstattung der FAZ (um nicht zu sagen: eine der Peinlichkeiten, die eben vorkommen): manieriert in der Sprache, distanzlos in der Haltung, intellektuell verstiegen und offensichtlich darauf aus, aus dem interessanten, wirkungsvollen und auch umstrittenen Autor Jünger einen Säulenheiligen zu machen. Arno Brekers Jünger-Büste als Illustration passt dazu bestens.

Dazu nur zwei Punkte: 

1. Das Bild von Jünger als Kriegstreiber muss nicht korrigiert werden, wie Überschrift und Schlusssatz des Berichts unterstellen. Wer Jüngers Arbeiten kennt, weiß, was er vom Krieg gehalten hat: Er war fasziniert, er hat ihn für eine essentiellen Moment gehalten und für den Moment, in dem die zivilisatorischen Hüllen fallen. Das hat mit Kriegstreiberei nichts zu tun. 

2. „Wer schreibt, verfasst stets ein Stück innerer Autobiographie.“ Es gibt Sätze, die hören sich gut an, sind aber Blödsinn – und das ist einer. Nochmals, das Feuilleton darf tun und lassen, was es will, aber es sollte Grenzen der methodischen und damit intellektuellen Redlichkeit geben. Literarische Texte sind nicht autobiografisch, und was eine „innere Autobiographie“ sein soll, weiß nur Herr Thoemmes selbst, nehme ich an. Autor und Text ein bisschen sauberer voneinander zu trennen wäre doch schon einmal ein erster Ansatz, oder?