Ideologie als Forschung?

30. Oktober 2013

Katharina Schmitz berichtet in der FAZ vom heutigen Tag (auf den Wissenschaftsseiten) von einem Vortrag der Magdeburger/Stendaler Gender-Forscherin Maureen Maisha Eggers. Thema des Vortrags: „Progressive Kinderliteratur: Emanzipation nur für weiße Kinder.“  Thema waren anscheinend Kinderbücher und die Spuren rassistischer oder chauvinistischer Ideologie, die in ihnne zu finden sind. Die Diskussion mäandert seit einiger Zeit durch die Medien. Und es wird schon dazu geführt haben, dass eine Reihe von Büchern aus den Regalen der Kinderzimmer heraussortiert wurden.

Hauptreferenzen waren in diesem Fall anscheinend Lindgrens „Pippi Langstrumpf“ und Janusz Korczaks „Kleiner König Macius“. Eie eine eine erklärte Kämpferin gegen Rassisumus, der andere, so berichtet Frau Schmitz, im deutschen KZ als Jude ermordet.

Der Bericht zeugt von zweierlei und ist bemerkenswert:

Zum einen steigt der Genervtheitsgrad bei den Ergebnissen der Gender-Studies offensichtlich. Das mag bei einem konservativen Medium wie der FAZ nicht wundern. Aber da sich selbst aggressivere Thesen der Gender-Studies im politischen Prozess festsetzten und die FAZ selbst (auch im Feuilleton) daran partizipiert, scheint sich hier so etwas wie eine Grundsatzdebatte anzukündigen.

Zum anderen scheint in der Tat die Gelassenheit beim Umgang mit historischen Texten, selbst der nicht konservativen Kinderliteratur, mehr und mehr zu schwinden, eben auch in der Wissenschaft. Wissenschaft positioniert sich mehr und mehr als moralische Instanz, die einschließt oder ausschließt. Selbst Korczak und Lindgren wären demnach auszuschießen aus einem Kanon lesenswerter, mithin nicht zu beanstandender Texte.

Ideologiekritik wird damit selbst zur Ideologie, was sie aber weiß.

Das ist insofern schade, als damit eine angemessene Anlayse historischer Texte ebenso unterbunden wird wie deren Lektüre. Mit anderen Worten wird ein Generalverdikt über Texte ausgesprochen, weil sie aus einer historischen, zweifelsfrei rassisistischen und chauvinistischen Kultur stammen.

Die Konsequenz wäre, dass wir beginnen, die historischen Texte so umzuschreiben, dass sie den heutigen Anforderungen entsprechen. Dazu wäre sicherlich eine Kommission zu bilden, die die Vorgaben formulert und mithilfe eines angemessenen Apparats auch deren Umsetzung kontrolliert.

Es kann aber sein, dass Frau Schmitz einfach übers Ziel hinausgeschossen ist. Ich war nicht dabei.