Heimat nervt (2)

31. Januar 2021

Wenn man einmal anfängt:

Fall 3:

Im Zeitmagazin vom 21.1.2021 findet sich die Foto-Rubrik „China und ich“, in der die Fotografin Pen Ke „uns ihre Heimat (3)“ zeigt. Im Beitext zum Foto wird von dem Friseursalon berichtet, in dem es entstanden ist. Er helfe der Fotografin, sich an das Leben in der Großstadt zu gewöhnen, in die sie gezogen ist. Das Gebäude, in dem er sich befindet wird demnächst abgerissen. Im Beitext zur Rubrik finden sich die folgenden beiden Sätze: „Peng Ke, 28, lebt als Künstlerin und Fotografin in Shanghai. In den nächsten Monaten wird sie aus ihrem Alltag berichten. „

Zeigt uns Peng Ke nun ihre Heimat oder ihren Alltag oder Ansichten ihres Wohnortes? Am wenigsten eitel ist die letzte Möglichkeit, aber dazu wollen sich auch Zeitmagazin-Redakteure nicht herablassen.

Fall 4:

Am 30./31.1.2021 geht die TAZ mit der Heimat hausieren. Hier ist es der Schriftsteller Alem Grabovac, der „seit Jahren“ „Stichwort-Interviews“ für die TAZ führt. Jetzt wird er selbst interviewt, unter dem Titel: „Ich scheine ein Talent für Heimat zu haben.“ Gezeigt wird ein Foto Grabovacs in der Kastanienallee, die „eine seiner Heimaten“ sei. Im Text kommt er auf insgesamt vier. Immerhin folgt der vierten Heimat die titelgebende Einsicht. Heimat kann also vielfältig sein, immerhin ein Ansatz. Aber warum brauchts dann Heimaten, wenn man sich irgendwo halbwegs wohlfühlt? Und was macht der Mann in seiner dritten Heimat jede Nacht mit einer Bierflache vor einem geschlossenen Friseurladen?