1. Juni 2017
Das Rechtssystem steht im Ruf, auf Rechtsverstößte, vulgo Verbrechen, nicht angemessen zu reagieren, was es legitimiert, wenn die Betroffenen oder deren Angehörigen das Recht selbst in die Hand nehmen. Das mag stimmen oder nicht, ein Hinweis des Strafverteidigers Adam Ahmed weist jedoch darauf hin, dass das Rechtssystem weitaus stärker den Vergeltungsgedanken trägt, als ihm zugetraut wird.
In einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 21.5.2017 bemerkt er etwa, dass es äußerst unwahscheinlich sei, dass ein Täter bei einem Kapitalverbrechen frei ausgehe, wenn er zu den Vorwürfen schweige. Viel wahrscheinlicher sei es, dass ein Unschuldiger verurteilt werde, was man an den Fällen sehe, in denen ein Beklagter mangels Beweisen freigesprochen werde, der Bundesgerichtshof das Urteil aber wegen der mangelhaften Formulierung des urteilenden Richter aufhebe und es dann zu einer Verurteilung komme. Wenn ein Richter ein Verfahren zulasse, dann gehe er auch davon aus, dass es zu einer Verurteilung kommen werde.
Nun ist es richtig, dass die Frage, ob es zu Verurteilungen komme, etwas anderes ist als die Frage, ob jemand überhaupt vor Gericht gestellt wird. Aber landet jemand erst einmal vor Gericht, dann wäre er damit bereits vorverurteilt. Das Recht ist damit auf andere Art ungerecht, als ihm nachgesagt wird.