Partnerschaftliche Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit (Ehegattensplitting 2)

3. Januar 2021

Hans-Georg Nelles, Bundesvorsitzender des „Bundesforums für Männer“, stimmt im übrigen der Stellungnahme von Frau Kugel zu: Das Ehegattensplitting wirke „einer partnerschaftlichen Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit“ entgegen (so im FAS-Interview vom 3.1.2021). Hintergrund ist die (wie beschrieben) aus verschiedenen Gründen höhere Entlohnung von Männern, die steuerlich durch das Ehegattensplitting nicht bestraft wird, sondern durch die gemeinsame Veranlagung zu höherer Liquidität bei Paaren führt (wenn denn die Ehefrau aus den ebenfalls beschriebenen Gründen strukturell weniger verdient).

Nun sind die Gründe für die strukturell resp. häufig bessere Bezahlung von Männern sehr vielfältig: unterschiedliche Karrierestände, etwa durch Altersdifferenz oder dadurch, dass Frauen häufiger Elternzeit beanspruchen als Männer und damit einen größeren Teil der Erziehungs- und Familienarbeit übernehmen. Mehrarbeit, die reduziert werden könnte, gehört zwar zu den Gründen, ist aber nicht der alleinige.

Hinzu kommt, dass die finanzielle Besserstellung Paaren in der Phase der Familiengründung oft zupass kommt, zumal die teilweise Freistellung derjenigen, die die Erziehungsarbeit leisten, damit finanziell teilweise kompensiert werden kann. Dass diese Struktur die bestehende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung verfestigt, dem kann kaum widersprochen werden.

Allerdings ist zu fragen, ob die Aufgabe des Ehegattensplitting den Effekt hätte, dieses Problem zu lösen resp. ob ein solcher Schritt nicht gerade die wirtschaftlichen Engpässe von Familien in der Frühphase verschärfen würde. Wenn denn die Argumentation auf Paare mit Kindern fokussiert wird.

Ob die Aufgabe des Ehegattensplitting dazu führen kann, dass Männer mehr der Familien- und Erziehungsarbeit übernehmen, weil Karrierefortschritte oder Mehrarbeit steuerlich sofort in großem Maße kompensiert würden, ist zu klären. Aber das Argument zielt ja weiter: Statt der Männer müssten dann Frauen mehr arbeiten, was – so das Argument – zu einer Neuaufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit führen würde. Der Ausfall der Vergütung der Männer wäre über die bessere Vergütung von Frauen zu kompensieren, Frauen müssten weniger, Männer mehr der Familienarbeit übernehmen. Die Umstrukturierung von Verhaltensmustern liefe also über die wirtschaftliche Schlechterstellung von Paaren im Vergleich zu heute und dem Anreiz für Frauen, das zu kompensieren.

Interessant wäre dafür ein Blick auf die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in den sozialistischen Staaten, wie ihn jüngst noch von Kirsten R. Ghodsee geworfen hat. Allerdings steht im Hintergrund noch der Eindruck, dass die wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen in den sozialistischen Staaten zwar zum einen zu einem massiven Ausbau der Sozialleistungen geführt hat (Kitas, Ganztagsschulen etc.), zum anderen aber die geschlechtsspezifische Aufteilung von Familienarbeit nicht aufgehoben hat, sondern zu einer Doppelbelastung von Frauen durch Familien- und Erwerbsarbeit geführt hat. Aber das mag ein ungeprüftes Vorurteil sein.

Im übrigen: Gegen eine partnerschaftliche Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit kann niemand etwas haben. Was aber im Kern bedeutet, dass die Aufteilung von Paaren getroffen werden muss (partnerschaftlich) und dass dabei der Zugang zu Ressourcen und Rechten gleich sein und bleiben muss.